Google setzt auf Mini-Atomkraftwerke: Der wahre Preis der KI-Revolution

von | 15.10.2024 | KI

Der Tech-Gigant Google plant, ab 2030 kleine modulare Atomreaktoren zu nutzen, um den enormen Energiehunger seiner KI-Systeme zu stillen. Was steckt hinter dieser überraschenden Entscheidung und was bedeutet sie für die Zukunft der Künstlichen Intelligenz?

Stellt euch vor, ihr fragt ChatGPT eine simple Frage – und verbraucht dabei zehnmal so viel Energie wie bei einer Google-Suche. Willkommen in der energiehungrigen Welt der KI, in der selbst Tech-Riesen wie Google zu unkonventionellen Methoden greifen müssen, um ihren Stromverbrauch zu decken.

Der KI-Boom und seine energetischen Folgen

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde, doch hinter den beeindruckenden Fähigkeiten von ChatGPT, DALL-E und Co. verbirgt sich ein gewaltiger Energiehunger. Laut Schätzungen von Goldman Sachs wird sich der Stromverbrauch von US-Rechenzentren zwischen 2023 und 2030 etwa verdreifachen. Das Electric Power Research Institute prognostiziert, dass Datenzentren bis zum Ende des Jahrzehnts bis zu neun Prozent der gesamten Stromerzeugung der USA verbrauchen könnten – mehr als eine Verdoppelung des aktuellen Verbrauchs.

Google, als einer der führenden Akteure im KI-Bereich, steht vor der Herausforderung, diesen massiven Energiebedarf zu decken und gleichzeitig seine Klimaziele einzuhalten. Der Konzern hat sich verpflichtet, bis 2030 klimaneutral zu wirtschaften. Doch die Realität sieht anders aus: Im vergangenen Jahr stiegen Googles CO2-Emissionen um 13 Prozent, wobei der Energiekonsum der Rechenzentren eine zentrale Rolle spielte.

Generative KI
Generative KI

Googles überraschende Lösung: Mini-Atomkraftwerke

In einem überraschenden Schritt hat Google nun angekündigt, ab 2030 Energie aus neuartigen kleinen Atomreaktoren des Entwicklers Kairos Power einzukaufen. Bis 2035 soll die jährliche Leistung dieser Mini-AKWs 500 Megawatt erreichen – verteilt auf sechs oder sieben Kraftwerke.

Michael Terrell, Senior Director für Energie und Klima bei Google, erklärte gegenüber der Financial Times: „Wir sind der Meinung, dass Kernenergie eine wichtige Rolle spielen kann, um unseren Bedarf rund um die Uhr auf saubere Weise zu decken.“ Diese Entscheidung macht Google zum ersten Technologieunternehmen weltweit, das einen solchen Vertrag über den Bau von Atomreaktoren abgeschlossen hat.

Die Technologie hinter den Mini-AKWs

Die von Kairos Power entwickelten modularen Reaktoren unterscheiden sich von herkömmlichen Atomkraftwerken. Sie werden nicht mit Wasser, sondern mit geschmolzenen Fluorid-Salzen gekühlt. Laut Kairos macht dies die Reaktoren sicherer, da die Kühlflüssigkeit nicht verkocht. Zudem sollen die kompakten Reaktoren in Fabriken vorgefertigt und am Einsatzort nur noch installiert werden.

Allerdings steckt diese Technologie noch in den Kinderschuhen. Kairos Power erhielt erst 2023 die Genehmigung zum Bau eines Testreaktors in Tennessee. Es bleibt abzuwarten, ob die ambitionierten Zeitpläne eingehalten werden können.

Für KI ist reichlich Energie notwendig
Für KI ist reichlich Energie notwendig

Warum keine erneuerbaren Energien?

Angesichts des Klimawandels und der Fortschritte im Bereich der erneuerbaren Energien mag Googles Entscheidung für Atomkraft überraschen. Tatsächlich setzt der Konzern weiterhin stark auf erneuerbare Energien: 2023 lag der Anteil CO2-freier Energie im Verbrauch von Googles Rechenzentren und Büros bei 64 Prozent.

Doch der immense und vor allem konstante Energiebedarf von KI-Systemen stellt eine besondere Herausforderung dar. Während Solar- und Windenergie von Wetter und Tageszeit abhängig sind, bieten Atomkraftwerke eine zuverlässige Grundlast. Google scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, dass eine Mischung aus erneuerbaren Energien und Atomkraft der beste Weg ist, um sowohl den Energiebedarf zu decken als auch die Klimaziele zu erreichen.

KI und Energieverbrauch: Ein wachsendes Problem

Der enorme Energieverbrauch von KI-Systemen wirft wichtige Fragen auf. Eine einzelne Anfrage bei ChatGPT verbraucht etwa 0,003 Kilowattstunden Strom – zehnmal so viel wie eine Google-Suche. Multipliziert man dies mit den Millionen von Anfragen, die täglich gestellt werden, ergibt sich ein besorgniserregender Energiebedarf.

Experten warnen, dass der Energiehunger der KI zu einem ernsthaften Problem werden könnte. Nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Entwicklung der Technologie selbst. Wenn der Energieverbrauch weiter so drastisch steigt, könnte dies die Weiterentwicklung und den breiten Einsatz von KI-Systemen bremsen.

Alternativen und Zukunftsperspektiven

Google ist nicht das einzige Unternehmen, das auf Atomkraft setzt, um den KI-Energiebedarf zu decken. Auch Microsoft plant, einen stillgelegten Reaktor im Kraftwerk Three Mile Island für seine Rechenzentren zu reaktivieren. Amazon hat ebenfalls Vereinbarungen zur Nutzung von Atomstrom getroffen.

Doch es gibt auch andere Ansätze: Microsoft investiert beispielsweise in ein Rechenzentrum in Kenia, das vollständig mit Geothermie betrieben werden soll. Und das Start-up Exowatt, an dem auch OpenAI-Chef Sam Altman beteiligt ist, entwickelt modulare Solarsysteme speziell für KI-Unternehmen.

Fazit: Die energetische Herausforderung der KI-Revolution

Googles Entscheidung für Mini-Atomkraftwerke zeigt deutlich, vor welchen Herausforderungen die Tech-Industrie im Zeitalter der KI steht. Der immense Energiebedarf droht, die Klimaziele der Unternehmen zu untergraben und könnte zum Bremsklotz für die weitere Entwicklung werden.

Die Lösung wird vermutlich in einem Mix aus verschiedenen Energiequellen liegen – von erneuerbaren Energien über effizientere Rechenzentren bis hin zu neuen Nukleartechnologien. Gleichzeitig wird es entscheidend sein, die Effizienz von KI-Systemen weiter zu verbessern, um den Energieverbrauch zu senken.

Als Nutzer und Gesellschaft müssen wir uns bewusst sein, dass jede KI-Anfrage einen energetischen Fußabdruck hinterlässt. Die Herausforderung wird sein, die Vorteile der KI zu nutzen, ohne dabei unsere Umweltziele aus den Augen zu verlieren. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob und wie wir diesen Balanceakt meistern können.


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