Wieso braucht es für KI eigene AKWs?

von | 17.10.2024 | KI

Strom kommt aus der Steckdose – und KI kommt aus dem Netz. Mehr muss man doch eigentlich nicht wissen, oder? Von wegen! Wir fangen langsam an, uns daran zu gewöhnen, dass sich mit Künstlicher Intelligenz (KI) viele Alltagsaufgaben viel einfacher, schneller und bequemer erledigen lassen. Fragen beantworten. Recherchieren. Bilder optimieren oder sogar erstellen…

Es gibt für alles heute eine KI, die einem hilft. Und wir stehen erst am Anfang.

Doch über eins machen wir uns ehrlicherweise keine Gedanken: Wie das alles funktioniert und wie viel Energie das kostet. Strom, um genau zu sein. Dass es viel sein muss, lässt eine Ankündigung vermuten, die der Konzern Google diese Woche gemacht hat: Google plant in den nächsten Jahren einige modulare Atomkraftwerke zu nutzen, nur und ausschließlich, um die eigenen KI-Systeme mit Strom zu versorgen. Grund genug, da mal genauer hinzuschauen.

So langsam gewöhnen wir uns an KI und finden es schick, uns Fragen von ChatGPT beantworten zu lassen oder dass der Microsoft Copilot das Word-Dokument in eine andere Sprache übersetzt.

Doch hinter den beeindruckenden Fähigkeiten von ChatGPT, DALL-E und Co. verbirgt sich ein gewaltiger Energiehunger. Nur mal zum Vergleich: Eine Anfrage bei ChatGPT verbraucht mindestens 10 Mal so viel Energie ein einmal Googeln, es kann auch bis zu 300 Mal so viel sein. Kommt drauf an, wie komplex die Anfrage ist.

Auch ChatGPT ist mit eingebaut - da wo nötig
Auch ChatGPT ist mit eingebaut – da wo nötig

KI verbraucht absurd viel Energie

KI zu trainieren ist extrem aufwändig und rechenintensiv und geht mit einem enormen Strombedarf einher. Laut Schätzungen von Goldman Sachs wird sich der Stromverbrauch von US-Rechenzentren zwischen 2023 und 2030 etwa verdreifachen. Vor allem auch wegen der zunehmenden Nutzung von KI.

Das Electric Power Research Institute prognostiziert, dass Datenzentren bis zum Ende des Jahrzehnts bis zu neun Prozent der gesamten Stromerzeugung der USA verbrauchen könnten – mehr als eine Verdoppelung des aktuellen Verbrauchs.

KI-Nutzung lässt sich den Energiebedarf explodieren. Alle großen Player bauen neue Rechenzentren, überall auf der Welt – und sie müssen aber auch die nötige Energie sicherstellen, denn das normale Stromnetz kann den Bedarf oft nicht mehr zuverlässig decken. Und wir stehen erst am Anfang: Die Nachfrage nach KI explodiert gerade…

Google erwägt den Einsatz von eigenen Atomkraftwerken, um für die Energieversorgung der KI sicherzustellen
Google erwägt den Einsatz von eigenen Atomkraftwerken, um für die Energieversorgung der KI sicherzustellen

Google plant eigene AKWs für KI

Und dann denkt sich Google: Bauen wir doch eigene AKWs in den USA!

So zumindest hat es der Konzern angekündigt. Ab 2030 will der Internetkonzern Energie aus neuartigen kleinen Reaktoren des Entwicklers Kairos Power einkaufen, wie das Unternehmen mitgeteilt hat. Bis 2035 soll die jährliche Leistung 500 Megawatt erreichen. Das würde ausreichen, um 300.000 deutsche Durchschnittshaushalte mit Strom zu versorgen. Zum Vergleich: Ein modernes „normales“ AKW bringt es auf 900 bis 1500 Megawattstunden. Die sind aber viel größer.

Es geht um sechs oder sieben Kraftwerke, die laut Google-Manager Michael Terrell geplant sind. Es sei noch offen, ob Strom aus den Reaktoren ins Netz gehen solle oder ob sie direkt mit den Rechenzentren verbunden werden. Unklar blieben auch finanzielle Details des Deals – und ob Google den Bau der Kraftwerke mitfinanzieren oder nur Strom nach der Fertigstellung beziehen will.

Aber der Entschluss steht fest: Der sich ankündigende Strombedarf soll aus AKWs gedeckt werden, denn es handelt sich dabei um zusätzlichen Strombedarf. Ein ganz neues Thema, das auch andere Konzerne wie OpenAI hinter ChatGPT umtreibt.

Auch Microsoft, Amazon und Meta denken laut darüber nach, wie sie an all den Strom kommen sollen. Microsoft erwägt, ein stillgelegtes reguläres Kraftwerk wieder an den Start zu bringen.

Regenerative Energiequellen sind keine Alternative

Aber wieso müssen es Atomkraftwerke sein, auch wenn sie klein und modular sind, warum gehen nicht auch andere Energiequellen?

Zur Ehrenrettung muss man sagen: Die meisten großen IT-Konzerne aus den USA, namentlich Apple, Microsoft, Meta, Google etc. investieren sehr wohl in regenerative Energien: Im sonnendurchfluteten Kalifornien ist es auch vergleichsweise einfach, mit Photovoltaik zuverlässig das ganze Jahr über Strom zu produzieren.

Nur: Das reicht nicht für die energiehungrige KI. Rechenzentren, die für KI gebaut werden, brauchen absurd viel Strom – und um die Uhr, Tag und Nacht, egal ob die Sonne scheint oder der Wind bläst. Die Energie muss zuverlässig rund um die Uhr verfügbar sein – in hohen Mengen.

Hinzu kommt, dass der Platz schlichtweg nicht ausreicht, um ausreichend Photovoltaik und/oder Windkrafträder aufzustellen, um die nötige Energie herzustellen. Das hat Google alles durchgerechnet. Da Google sich aber auch Klimaziele gesteckt hat, den immens wachsensen Energiebedarf nicht allein aus regenerativen Quellen decken kann, kommen nun also die Mini-AKWs ins Spiel.

Wie umgehen mit dem Dilemma?

Wir machen uns als Gesellschaft sowieso viel zu wenig Gedanken, wie die ganze Digitalisierung, das Internet, die Apps und Social Media Dienste betrieben werden. Der Aufwand ist jetzt schon immens. Wäre das Internet ein Land, es wäre auf Platz 6 der Energiekonsumenten weltweit.

KI beschleunigt den Energiehunger. Wir müssen das offener diskutieren: Digital und KI gibt es nicht zum Nulltarif, auch wenn wir allzu oft nichts bezahlen. Wir sollten Bescheid wissen, welcher Strommix bei einem Anbieter zum Einsatz kommt, wie viel Energie wir verbrauchen. Damit wir auch im Zweifel entscheiden können, ob eine andere Lösung, eine andere KI oder auch mal Googeln nicht die bessere Lösung ist.

Doch man darf die Verantwortung nicht auf die Konsumenten umwälzen. Das Thema gehört auf die politische Agenda: Nicht nur Gedanken über Nutzung und Missbrauch von KI machen, sondern auch darüber, wo denn all die Energie herkommen soll, damit KI all unsere Fragen beantwortet.

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